11.03.2012
Edler geht's kaum - vom Zauber der Lenzrosen
Wie könnte das Gartenjahr schöner starten als mit den Blüten der faszinierend vielfältigen Gattung der Lenzrosen? (Folgende Fotos sind aktuell aus dem März 2012!)
Aus einer Handvoll Wildarten der Gattung Helleborus haben engagierte Züchter in aller Welt inzwischen atemberaubend schöne Hybriden (also Kreuzungen aus mehreren Arten) hervorgebracht. Das Farbspektrum reicht hierbei weit über das der wilden Verwandten hinaus und ist extrem vielfältig.
Die verfügbare Palette reicht von Weiss über Gelb, verschiedene Intensitäten von Rosa bis hin zu dunklem Weinrot oder gar faszinierendem "Schieferlila". Selbst grüne Blüten gibt es, wobei die möglicherweise nicht so schwer zu züchten waren, denn es gibt einige grünblütige Wildarten, wie z.B. Helleborus viridis oder H. odorus.
Mich fasziniert immer von Neuem, wie gut alle Farben zueinander passen. Nie gibt es schreiende Kontraste, irgendwie scheinen sie aus einer Farbfamilie zu stammen.
Gerade in den letzten 1 bis 2 Jahrzehnten hat die Züchtung noch einmal einen großen Schub bekommen. Ein Vorreiter dieser Bewegung ist die englische Gärtnerei Ashwood Nurseries. John Massey und seinem Team gelang es z.B. als ersten (nach meinen Informationen, ich bitte um Nachricht, falls ich irren sollte), gelbe Helleborus mit goldgelben Nektarien zu züchten. (Die Nektarien sind im folgenden Foto als Kranz hinter den Staubblättern und vor den rötlichen Flecken zu erkennen.)
Wir haben eine ganze Reihe der faszinierenden Ashwood-Pflanzen in unseren Beständen, von denen auch ein guter Teil der abgebildeten Blüten stammt. Jede Pflanze ist ein absolutes Individuum, weil die Vermehrung über Samen, teils aus gezielter Bestäubung, erfolgt ist und keine 2 Nachkommen genetisch 100% identisch sind (so wie bei uns Menschen, ausser bei Zwillingen!).
Eine eigene Entdeckung war die folgende Pflanze (Foto), die ich vor einigen Jahren als Zufalls-Sämling im Garten meiner Eltern entdeckt habe.
Die pflanzlichen Eltern dürften Helleborus niger (die bekannte Christrose) sowie eine Helleborus Orientalis-Hybride* sein. Normalerweise bilden diese beiden Pflanzen als Eltern keine Nachkommen in Form von Samen aus, weil die Befruchtung nicht gelingt. Gezielte Züchtung ist daher ausgeschlossen. Sehr sehr selten - nennen wir es eine Laune der Natur, der Genetiker dürfte es vielleicht etwas exakter benennen können - klappt das "Unmögliche" aber eben doch einmal zufällig. Entsprechend riesig war meine Begeisterung über diesen Fund. So ein Geschenk bekommt man als Pflanzenmensch normalerweise gar nicht - und wenn doch, dann höchstens einmal im Leben. Wir haben das gute Stück Helleborus 'Mamma Mia' genannt, zur Ehre meiner Eltern einerseits (in deren Garten das Wunder ja geschah), zur Beschreibung des Entzückens über diesen Fund andererseits.
In ein paar Jahren werden wir erste Exemplare von 'Mamma Mia' zu einem der Seltenheit angemessenen Preis abgeben können...
Haben Sie Lust auf die Vielfalt dieser Gattung bekommen? Wenn Sie Pflegekunde von uns sind oder Schüler der Gartenschule, können wir dafür sorgen, dass auch Ihr Garten bald mit einigen dieser edlen Schönen verfeinert wird!
Verfasser: Jörg Lonsdorf
* Noch eine Anmerkung zur Nomenklatur:
In Deutschland ist nach wie vor die Bezeichnung Helleborus Orientalis-Hybriden gebräuchlich, denn in vielen der Hybriden stammt ein Großteil des Gene aus der Wildart Helleborus orientalis. Allerdings enthalten einige Hybriden - gerade viele der Aufsehen erregenden modernen Züchungen - nicht mehr unbedingt allzuviel Orientalis-Blut, sondern die Gene einer Vielzahl von Wildarten, die sich in der Kreuzungs-Stammbaum auf zumeist nicht mehr nachvollziehbare Art vermischt haben. In England ist daher inzwischen für die gesamte Gruppe die Bezeichnung Helleborus x hybridus gebräuchlich, bei der man auf Andeutungen zur genetischen Herkunft bewußt verzichtet. Wir schliessen uns eher der englischen Argumentation an, weil sich in der Tat immer mehr Nicht-Orientalis-Blut in die in gärtnerischer Kultur befindlichen Pflanzen einmischt.